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Greifswalder Ionenfallensteller entwickeln Technik für Strukturuntersuchung an Biomolekülen

Das Filter-/Fallensystem vor dem Einbau in die Apparatur. Foto: Steffi Bandelow

Physiker der Universität Greifswald unterstützen ein internationales Forscherteam bei der Aufklärung von Strukturen und der Dynamik von Biomolekülen. Ziel ist, im Rahmen des Projektes MS SPIDOC einen neuartigen Massenspektrometer-Prototyp für eine optimierte Einzelmolekülabbildung zu entwickeln. Solch ein Gerät könnte bei der Entwicklung neuer Impfstoffe und Medikamente gegen Infektionskrankheiten eingesetzt werden. Das Projekt wird geleitet vom Heinrich-Pette-Institut (Hamburg).
In dem Massenspektrometer-Prototyp sollen elektrisch geladene Biomoleküle in ein Hochvakuum überführt, nach ihrem Masse- zu Ladungsverhältnis sowie ihrer Form getrennt und nach ihrem Dipolmoment ausgerichtet werden. Die geplante Wechselwirkung mit dem Freie-Elektronen-Laser des European XFEL ermöglicht dann die Aufschlüsselung der dreidimensionalen Struktur der Proteinkomplexe und viralen Systeme. (Siehe auch Medieninformation zu MS SPIDOC)

Eine besondere Herausforderung sind dabei der große Massenbereich interessanter Biomoleküle mit bis zu einer Million atomarer Masseneinheiten sowie der effiziente Transport und die genaue Positionierung für den Beschuss mit dem Röntgenlaser XFEL. Die Greifswalder Physiker um Prof. Dr. Lutz Schweikhard entwickeln ein Filter-/Fallensystem für die geladenen Partikel, mit dem nicht nur das ausgewählte Biomolekül aus einer Mixtur herausgefiltert, sondern auch über einen ausgedehnten Zeitraum gespeichert werden kann. Werden die gesammelten Biomoleküle anschließend als Ionenpaket dem XFEL zugeführt, kann die Probendichte so signifikant erhöht werden, dass die Abbildung mit den nur wenige Femtosekunden kurzen Röntgenpulsen möglich wird.*

Zur Führung und Speicherung der Molekülionen werden elektrische Radiofrequenzfelder verwendet. Dabei können die zu untersuchenden Biomoleküle mit definierten Masse- zu Ladungsverhältnissen aufgrund der verwendeten Frequenzen und Amplituden dieser Radiofrequenzfelder ausgewählt werden. Nicht gewünschte Spezies werden dagegen noch vor der Wechselwirkungszone abgelenkt. Dabei ist eine Spezialität der Greifswalder die Verwendung von Spannungen mit einer Rechteckform anstelle der konventionell genutzten Sinussignale. Dadurch kann dem großen Massebereich der Biomoleküle entsprochen werden. Die (Weiter-)Entwicklung dieser Methode ist Teil der Doktorarbeit von Steffi Bandelow.

Das Projekt MS SPIDOC ist als eines von 27 Projekten aus 395 Anträgen bewilligt worden. Geleitet wird es vom Heinrich-Pette-Institut in Hamburg. Neben dem European XFEL (Schenefeld bei Hamburg) beteiligen sich Kooperationspartner aus Griechenland, Frankreich, Niederlande, Schweden und Großbritannien. Insgesamt wird das dreijährige Projekt MS SPIDOC mit 3,7 Millionen Euro gefördert (Fördernummer 801406).

Weitere Informationen

* Die zu untersuchenden Biomoleküle befinden sich zunächst in einer Lösung innerhalb einer Kapillare. Deren Spitze wird mit einer Pinzette aufgebrochen, so dass eine Öffnung von wenigen µm entsteht. Mittels elektrischer Felder werden die geladenen Teilchen durch einen Konus ins Vakuum überführt. Im anschließenden Filter-/Fallensystem werden sie aufgrund ihres Masse- zu Ladungsverhältnisses selektiert und gesammelt. Danach kann das so entstandene „Ionenpaket“ dem Röntgenlaser zugeführt werden.

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