Historie

Kurze Geschichte der Physik in Greifswald

Freiherr von Feilitzsch

Physik wird seit Gründung der Universität im Jahre 1456 in Greifswald gelehrt.
1853 erfolgte die Etablierung des Faches als eigen- ständige Professur.
1857 wurde unter Fabian Karl Ottokar Freiherr von FEILITZSCH ein Physikalisches Institut, als eines der ersten in Deutschland, gegründet. In der Zeit von 1877 - 1910 wirkte unter anderem Wilhelm HOLTZ am Institut. Er gilt als einer der Erfinder der Influenzmaschine.
1891 erhielt das Institut ein neues Gebäude unter seinem damaligen Direktor Anton OBERBECK.
Als erster international anerkannter Physiker wurde Gustav MIE von 1905-1917 zum Institutsdirektor berufen. Mie befasste sich in den Greifswalder Jahren mit der Streuung einer elektromagnetischen Welle an einer homogenen dielektrischen Kugel, die er 1908 unter dem Titel "Beiträge zur Optik trüber Medien, speziell kolloidaler Metallösungen in den Annalen der Physik" publizierte. Mit der sogenannten Mie-Streuung ist noch heute sein Name verbunden. Bereits 1903 führte er zur Beschreibung der Anziehungs- und Abstoßungskräfte chemisch nicht gebundener Atome das Mie-Potential ein.

Johannes Stark

Sein Nachfolger im Amt war Johannes STARK, der zu den führenden Gaselektronikern seiner Zeit zählte. Mit diesem Spezialgebiet bestimmte er das Profil der Greifswalder Physik, welches bis in die Gegenwart hinein reicht. Bereits 1902 hatte STARK die Gaselektronik erstmals in einer umfassenden Monographie dargestellt. 1913 gelang ihm mit dem Nachweis der Aufspaltung von Spektrallinien im elektrischen Feld einer Gasentladung. Für "Die Entdeckung des Doppler-Effektes in Kanalstrahlen und der Aufspaltung von Spektrallinien im elektrischen Feld“ (STARK-Effekt) erhielt er 1919 den Nobelpreis für Physik. Er gilt damit als Begründer der Gasentladungsphysik. Kritisch zu sehen ist sein Engagement in der "Deutschen Physik“ insbesondere in der Zeit des Nationalsozialismus.

Im Jahre 1923 gelang es dem damaligen Institutsdirektor Friedrich KRÜGER, finanzielle Mittel für eine Sternwartenkuppel auf dem Institutsgebäude zu beschaffen. Die Sternwarte konnte bereits am 12. Juli 1924 übergeben werden. Zusammen mit der Kuppel wurde ein bis heute gut erhaltener 20cm-Zeiss-Refraktor mit einer Brennweite von 3 Metern montiert. Im Zuge der Etablierung der astronomischen Forschung erfolgte in den Jahren 1929/30 der weitere Ausbau des Dachgeschosses. Die Sternwarte wird bis heute durch den Greifswalder Sternwarten e.V. genutzt und gewartet. 

Rudolf Seeliger

Die Ära der Greifswalder Gasentladungs- und Plasmaphysik begann jedoch mit Rudolf SEELIGER im Jahr 1918. Schon mit dem Thema seiner preisgekrönten Dissertation hatte SEELIGER 1909 sein Forschungsgebiet gefunden - die Physik des elektrischen Stromes im Gas. Eine erste fundamentale Entdeckung auf diesem Gebiet gelang ihm zusammen mit Ernst GEHRCKE 1912 an der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt. Beide konnten experimentell nachweisen, dass die Anregung von Spektrallinien beim Stromfluss durch Gase charakteristische Mindestenergien der Elektronen erfordert. Die GEHRCKE-SEELIGERschen Elektronenstoßexperimente bewiesen erstmalig die Existenz diskreter Energieniveaus in Atomen und stellten einen Vorläufer der berühmten FRANCK-HERTZschen Stoßversuche dar, für die 1925 ebenfalls ein NOBEL-Preis vergeben wurde. Am Ende seiner wissenschaftlichen Laufbahn hatte Rudolf SEELIGER mit der modernen Gasentladungsphysik Greifswald zu einem bedeutenden Zentrum dieses Gebietes entwickelt.

Institutsgebäude, 1956

Die in der späteren DDR-Zeit durchgeführten Forschungsarbeiten der Greifswalder Gasentladungs- und Plasmaphysik blieben aufgrund begrenzter Ressourcen auf wenige Teilgebiete konzentriert. Neben der Experimentellen Physik am Institut etablierte sich Ende der 1960er Jahre die Theoretische Physik und die Angewandte Physik. Nach der politischen Wende 1989/90 waren die 3 Richtungen am Institut eine entscheidende Ausgangsbasis für ein weitreichendes, entwicklungsfähiges Forschungsprofil im wiedervereinten Deutschland. Maßgeblich ist es Alfred RUTSCHER zu verdanken, dass das Institut für Physik 1991 den Zuschlag für die Einrichtung des Sonderforschungsbereiches 198 „Kinetik partiell ionisierter Plasmen" erhielt.

Heute präsentiert sich das Institut für Physik mit einem breitgefächerten Forschungsspektrum. So arbeiten 11 Professoren mit ihren Arbeitsgruppen auf den Gebieten Plasma-, Atom- und Festkörperphysik, Quantentheorie, Umweltphysik, Weiche Materie und Biophysik, Computergestützte Physik, Medizinische Physik.